4.
Modellprojekt: Jugendarbeit in ostdeutschen muslimischen Gemeinden
Es ist eine Spezifik der ostdeutschen Bundesländer, dass die religiöse Infrastruktur insb. islamischer Communities äußerst schwach und noch jungen Alters ist. Die Gemeinden werden überwiegend von ehrenamtlichen Leitungspersonen zusammengehalten, die sich auf die Aufrechterhaltung basaler religiöser Infrastruktur, insb. für Gebete, und Wochenendschulen konzentrieren. Aufgrund der ehrenamtlichen Natur der Arbeit ist diese sehr fordernd. Viele Verantwortungsträger und Imame - darunter Laien und ausgebildete Theologen - haben selbst einen Flucht- oder Migrationshintergrund, sind teilweise erst wenige Jahre in Deutschland oder sprechen noch wenig Deutsch. Damit sind sie, wie die Mehrheit der Gemeindemitglieder, zugleich Angehörige einer marginalisierten Bevölkerungsgruppe, die von erschwerten Ressourcenzugängen ebenso wie struktureller und alltäglicher Diskriminierung betroffen ist.
Diese Realität steht in einem Spannungsverhältnis wenn nicht in Widerspruch zu Normen im deutschen Verfassungssystem und Sozialstaat, insb. Art. 4 GG, aber auch Regelungen des SGB VIII. Um dieses Problem in den Blick zu nehmen und punktuell entgegenzuwirken, kooperiert das Zentrum für Bildung, Jugendarbeit und Migrationsarbeit im Bereich der Jugendarbeit in islamischen Communities mit der Offenen Islamischen Gemeinde Dessau. Dort werden modellartig kooperativ verschiedene Elemente gelingender bekenntnisorientierter Jugendarbeit mit Einzelmaßnahmen ausgestaltet.
​
Unterstützung Offener Jugendarbeit im Gemeindekontext
Teilweise aus verschiedensten Gründen ohne Zugänge in Regelangebote der Offenen Jugendarbeit (Jugendclub, Freizeitaktivitäten) äußerten muslimische Jugendliche in der Gemeinde immer wieder den Wunsch nach gemeinsamen Freizeitaktivitäten - und einem Raum, in dem diese stattfinden können. Wir erproben nun gemeinsam mit der Offenen Islamischen Gemeinde die Etablierung eines teilweise selbstverwalteten Jugendraumes für muslimische Jugendliche in Dessau. Dort kann gemeinsam gelernt, Sport getrieben und gespielt sowie "gechillt" werden. Ein wichtiger Raum für soziales Lernen und die Identitätsentwicklung - weg von der Straße.
​
​
​
​
MDR AKTUELL - Das Nachrichtenradio, 26.01.2024
​
Unterstützung der Bildungsarbeit (Kinder- und Jugendbereich und Wochenendschulen)
Die Bildungsarbeit für Kinder und Jugendliche in islamischen Gemeinden und die Wochenendschulen sind ein zentraler und hochrelevanter Faktor für viele Menschen in muslimischen Communities, auch in Sachsen-Anhalt. Die Arbeit tangiert nicht nur den Bereich der religiösen Identität, sondern ist für viele Bereiche relevant, insbesondere die Bereiche Identität und Selbstbild, Allgemeinbildung und Sozialkompetenz. Vor allem ehrenamtliche Kräfte leisten hier Großes - das gilt auch in Dessau. Wir unterstützen hier mit Schulmaterialien und Stützangeboten für die ehrenamtlichen Lehrkräfte sowie bei der Erprobung neuer religionspädagogischer Methoden. Im Kontext der religionspädagogischen Fortbildungen kann auch in das an deutschen Islamfakultäten von theologischen und religionspädagogischen Expertinnen und Experten entwickelte und etwa in Westdeutschland im Islamunterricht verwendete Material eingeführt werden und die Ehrenamtlichen/Fachkräfte an den Wochenendschulen mit diesen Materialien (Lehrbücher, Arbeitshefte) vertraut gemacht werden.
Elternarbeit
Im Bereich der Gemeindearbeit unterstützen unsere Kolleg*innen ebenfalls Empowerment- bzw. Bildungsmaßnahmen der Gemeinde mit Vorträgen von Experten auf arabischer Sprache über das Schulsystem und die Möglichkeiten der Unterstützung des Bildungserfolgs der Kinder durch die Eltern (Beratungsmöglichkeiten, Förderangebote über Bildung und Teilhabe etc.).
​
Exkursionen - Islam in Deutschland
Mit Gruppenreisen für muslimische Jugendliche in Kooperation mit der Offenen Islamischen Gemeinde Dessau und mit dem Modellprojekt #unserhayat in Trägerschaft der Halleschen Jugendwerkstatt in Städte mit einem etablierten pluralen muslimischen Leben unterstützen wir die Identitätsarbeit und ermöglichen den jugendlichen Erfahrungen, dass sie mit ihrer Religion in Deutschland nicht "fremd", sondern zu Hause sind.
​
​
​
​
Unser Partner:
